Dienstag, 24. Dezember 2013

Weihnachtsgrüße aus Down Under

Merry Christmas from Aotearoa!
Allen ein wunderschönes, fröhliches und besinnliches Weihnachtsfest, das hier am anderen Ende der Welt so völlig anders verläuft: Skydiving (Fallschirmspringen) und Party mit anderen Travellern aus aller Welt (hauptsächlich Deutschland, aber auch UK, Israel, Frankreich, Österreich, Skandinavien usw.) im Backpackers an Heiligabend, der hier ja eigentlich gar nicht wirklich gefeiert wird, BBQ am Strand oder sonstwo und Fußballturnier an Christmas Day und überhaupt eigentlich völlig unweihnachtliches feeling im (meist) sonnigen NZ.
Euch allen alles Gute, wie auch immer ihr Weihnachten verbringt und wo auch immer ihr gerade seid, many blessings, a very merry Christmas and all the best for each and everyone of you!

Merry-Christmas

P.S.: Ich hoffe wirklich, in nächster Zeit mal zu meinem nächsten eigentlichen Beitrag zu kommen...

Samstag, 9. November 2013

Erster Zwischenbericht vom anderen Ende der Welt

Hi everybody,
an dieser Stelle werde ich ab demnaechst (keine Umlaute und scharfes S auf der Tastatur) in mehr oder weniger regelmaessigen Abstaenden ueber meine Erlebnisse hier berichten, Fotos hochladen etc. Ich halte einen Blog fuer den praktischsten Weg, dies zu tun, da ich auf diese Weise nicht erst mal E-Mail Adressen raussuchen muss o.ae., sondern jeder, der will, einfach ab und zu mal reingucken kann. Wer darueber hinaus Fragen hat oder einfach so mal persoenlich mit mir Kontakt aufnehmen will, kann natuerlich trotzdem E-Mails oder Nachrichten bei WhatsApp schreiben, wenn ich Internet und Zeit habe, schreibe ich wahrscheinlich auch zurueck. Ich werde nur ein paar ausgewaehlte Fotos hochladen, wer alle sehen will, muss sich also gedulden bis ich wieder zurueck bin. Nun also zum Wesentlichen.

Erstmal ein paar allgemeine Dinge:

1. Mir geht's gut.

2. Die Landschaft hier ist wirklich sehr schoen, das Klima aehnlich dem in Deutschland und die Leute unglaublich nett (waehrend des Monats, den ich nun schon hier bin, habe ich ungelogen noch niemanden getroffen, der nicht freundlich, hilfsbereit, offen und gastfreundlich schien).

3. Meinen urspruenglichen Plan, den Te Araroa Trail zu wandern, habe ich aus verschiedenen Gruenden verworfen:

1. habe ich mir das alles wohl einfacher vorgestellt als es
tatsaechlich ist, wenn ich auch glaube, bestaetigt durch die
Aussage eines ebenfalls voellig unerfahrenen Wanderers, der
diesen Trail wandert, dass man sich nach einiger Zeit an die
Belastung gewoehnt, weshalb ich im Nachhinein denke, dass
dieses eines der geringeren Probleme darstellt.

Allerdings habe ich mir
2. ueberlegt, auch das bestaetigt von besagtem Wanderer, dass
man aufgrund der festgelegten Route und der Tatsache, dass
man ohnehin jeden Tag 20-30 km laeuft, einige Dinge, die
man gerne sehen wuerde, nicht zu sehen bekommt oder
Aktivitaeten, die man gerne unternehmen wuerde, nicht
unternimmt.

3. geht dadurch, dass man die meiste Zeit alleine in einsamen
Gegenden unterwegs ist (was natuerlich auch seinen Reiz
hat, weshalb ich trotz allem natuerlich trotzdem vorhabe,
viel zu wandern, nur eben nicht die ganze Zeit, aber dazu
vielleicht spaeter) ein, wie ich finde, wichtiger Aspekt
meiner Reise verloren: viele unterschiedliche Leute,
einheimische und andere Traveller, junge und alte, Maori
und Pakeha etc., zu treffen und interessante
Gespraeche zu fuehren.

Diese Punkte in Betracht ziehend habe ich mich nun zu folgender Vorgehensweise entschlossen:

1. habe ich zu einem guenstigen Preis ein gebrauchtes Auto (Mitsubishi Chariot 1998), das einen sehr guten Eindruck macht, erstanden, was vor allem folgende Vorteile hat:

Man verfuegt ueber die groesstmoegliche Mobilitaet dahingehend, dass man zu jedem beliebigen Zeitpunkt zu jedem beliebigen Ort reisen kann.
Man kann daher Regionen, die einen nicht so sehr interessieren oder von denen man schon "genug" gesehen hat einfach hinter sich lassen und dorthin fahren, wo man sich vielleicht etwas laenger aufhalten moechte.
Man kann im Auto uebernachten und spart so eine Menge Geld im Vergleich zu Uebernachtungen in Backpacker-Hostels.
Man kann Leute mitnehmen und auf diese Weise sowohl interessante Gespraeche fuehren als auch Spritkosten teilen und somit wieder Geld sparen.
Man kann das Auto nach seiner Reise evtl. sogar mit Gewinn wieder verkaufen.
Man hat durch den Zigarettenanzuender die Moeglichkeit, Handy, Kameraakku etc. aufzuladen.
Man kann bestimmte Lebensmittel auf Vorrat kaufen und im Auto lagern.

usw...

2. bin ich bei "HelpX" angemeldet, einer Internetseite, auf der mehrere hundert Hosts aus ganz NZ (auch aus anderen Laendern) gelistet sind, die Hilfe unterschiedlicher Art brauchen und dafuer Unterkunft und Essen zur Verfuegung stellen. Das koennen Backpacker-Hostels, andere Ferienunterkuenfte, Landwirtschaftsbetriebe, aber auch "normale" Kiwis, die Hilfe im Haushalt/Garten benoetigen, sein.

Auch dies hat viele positive Aspekte:

Man lernt die unterschiedlichsten Leute und die neuseelaendische Lebensweise kennen.
Man kann bei den Gespraechen ueber alle moeglichen Themen auf hervorragende Weise sein Englisch verbessern.
Es ist einfach eine gute Sache, um fuer ein paar Tage oder laenger irgendwo unterzukommen ohne fuer sein Bett oder Essen bezahlen zu muessen.
Gleichzeitig hat man aber meistens trotzdem genug Zeit, die Gegend zu erkunden und Dinge zu unternehmen, da man ja nur ein paar Stunden arbeitet und den Rest des Tages frei hat oder einen ganzen Tag arbeiten und dafuer einen anderen Tag komplett frei bekommen kann. Zudem bekommt man gute Tipps, was man sich ansehen kann und wird manchmal sogar zu Ausfluegen mitgenommen oder irgendwo hingebracht.
Wenn man in seiner freien Zeit mal keine Lust hat, irgendwas zu unternehmen, kann man sich einfach aufs Sofa legen und bei Kaminfeuer und einer Tasse Tee (oder Kaffee, der hier, ausser in Cafes, aber meistens nicht so doll ist) ein Buch lesen oder einen Film gucken.
Man bekommt oft einen Computer und Internetzugang zur Verfuegung gestellt, was die Aufgabe, einen langen Beitrag auf seinem Blog zu verfassen, sehr vereinfacht.
Die Leute helfen einem bei allen moeglichen Dinge, in meinem Fall z.B. beim Autokauf.

Nun aber zu meinen Erlebnissen und Eindruecken im Einzelnen in moeglichst chronologischer Reihenfolge:

Der Flug war eigentlich recht angenehm, ich habe mir die Zeit mit lesen, Filme gucken, Musik hoeren etc. vertrieben und ab und an auch geschlafen. Auch das Essen war ganz gut und reichlich. Neben mir sass ein Ire, der sich abwechselnd mit Wodka-Cola, Wein und Bier versorgt hat (das und die Tatsache, dass er einen absolut unverstaendlichen Akzent in seinen Bart genuschelt hat und nebenbei auch ein Irland Trikot trug, liess mich zu dem Schluss kommen, dass er Ire sein muss).

Nachdem ich in Auckland angekommen war und die diversen Kontrollen ueberstanden hatte, ging es mit dem Bus in die Stadt und zum ersten, sehr zentral gelegenen Backpacker-Hostel ("Queenstreet-Backpacker"), wo ich von einem gut gelaunten Rastafari an der Rezeption begruesst wurde. Nach dem die Formalitaeten geklaert waren, machte ich mich auf zu meinem Zimmer, da ich vom Flug zugegebenermassen doch recht erschoepft und es immerhin schon spaeter Abend war. Ebenfalls auf meinem Zimmer waren eine amerikanische Backpackerin und zwei weltreisende Deutsche (generell trifft man hier Deutsche an jeder Ecke), die gerade von den Fidschis kamen, sich mit Breakdancen ihr Reisegeld verdienen und an ihrem jeweiligen Aufenthaltsort die Szene erkunden und so bei anderen, ortsansaessigen Breakdancern unterkommen (das backpacker-Hostel war also quasi nur eine Notloesung). Die Zimmer in den Backpacker-Hostels sind meist recht einfach gehalten, es gibt mehrere Doppelstockbetten, die im Raum verteilt sind und vielleicht ein paar Kleiderhaken. Im Eingansbereich liegt auch der Aufenthaltsraum, der mit Sofas, Fernseher, Billardtisch atc. ausgestattet ist und in dem sich, v.a. gegen Abend zahlreiche Backpacker tummeln. Duschen und Toiletten sowie eine Gemeinschaftskueche befinden sich auf dem Gang. Eine heisse Dusche vor dem Schlafengehen war dann auch genau das, was ich nach ca. 40 Stunden Flug brauchte.

Am naechsten Tag habe ich erst mal Auckland (auch "City of Sails" genannt) erkundet. Da waere zunaechst mal die Queenstreet und ihre Nebenstrassen mit ihren vielen Geschaeften, Cafes etc. und natuerlich dem Skytower (hoechstes Gebaeude der suedlichen Hemisphaere), dem Wahrzeichen Aucklands. Man findet in der Naehe auch einige Parks wie den Albert Park oder den Myers Park sowie den Aotea Platz, den man durch ein Maori-Portal betritt, mit der Townhall auf der einen, dem Aotea Centre (Theater, Oper, Konzerthaus) auf der anderen Seite. Downtown liegen die verschiedenen Faehranleger, Haefen, Containerterminals etc., vom Ende der Queenswarf hat man einen guten Blick auf die Bucht um die herum Auckland gebaut ist und die verschiedenen Landzungen und Inseln dieser Bucht. Es gibt einige interessante Museen und zahlreiche Touren, die man von dort unternehmen kann (v.a. zu den verschiedenen Inseln vor der Ostkueste), da ich allerdings erstmal raus aus dem Trubel der Stadt wollte, machte ich mich auf nach

Paihia in der Bay of Islands. Dieser nette kleine Ort besteht eigentlich nur aus einer Uferstrasse von der 4-5 weitere Strassen abgehen und das war's. Trotzdem ist er das Zentrum fuer viele Aktivitaeten in der Bay of Islands, einer, man mag es kaum glauben, Bucht mit vielen Inseln. Obwohl teilweise noch recht windig und kuehl, hat diese Landschaft einen sehr pazifischen Charakter: klares, blaues Wasser (das zwar noch recht kuehl, daher aber auch sehr erfrischend ist), lange, weisse Straende und viele kleine, gruene Inseln. Eine kleine Wanderung fuehrt einen vom Ortszentrum durch Regenwaldbestaende und ein mit Mangroven gesaeumtes Flussdelta zu den Haruru-Falls. In den Baeumen sassen zahlreiche Vertreter einer witzigen Vogelart, deren Ruf ich als Mischung zwischen den Geraeuschen von Moewe, Rabe, Esel und Schwein beschreiben wuerde (kein Witz!).
Ein ebenfalls sehr lohnenswerter Ausflug mit dem Bus fuehrt einen zum Cape Reinga, dem fast noerdlichsten Punkt der Nordinsel (der noerdlichste Punkt ist das nicht weit entfernte North Cape), an dem man beobachten kann, wie Tasmansee und Pazifischer Ozean aufeinander treffen. Der Busfahrer erklaert einem gleichzeitig viele Dinge und Anekdoten ueber das Gesehene, begleitet von Bob Marley und anderer Musik von seinem iPod. Allerdings neigen, nach eigener Aussage, viele Kiwis dazu, so schnell und unverstaendlich zu sprechen, dass man sich wirklich konzentrieren muss, um alles zu verstehen. Auf dem Weg zum Cape Reinga macht man an einigen interessanten Punkten Halt: einem der wenigen erhaltenen Kauriwaelder mit mehrere hundert Jahre alten und dementsprechend grossen Kauribaeumen. Vor Ankunft der ersten Siedler war ein grosser Teil der Nordinsel NZs mit Kauriwaeldern ueberzogen. Aufgrund des schoenen und sehr belastbaren Holzes dieser Baeume, wurden diese jedoch nach und nach von den Maori, v.a. jedoch von den spaeteren europaeischen Siedlern abgeholzt, um daraus Boote, Haeuser, Moebel etc. herzustellen. Die Europaeer ritzten zudem die uebriggebliebenen Baeume an, um an das fuer verschiedene Zwecke verwendbare Harz zu gelangen, wodurch das Immunsystem der Baeume derart geschaedigt wurde, dass sie nach und nach abstarben. Aufgrund dessen und der sehr langen Reproduktionszeit war so zu einem bestimmten Zeitpunkt fast der gesamte Kauribestand gerodet. Um diese Entwicklung zumindest teilweise rueckgaengig zu machen, werden seit einiger Zeit bestimmte Gebiete wieder aufgeforstet und unter Schutz gestellt. Nichtsdestotrotz wird nach wie vor Kauriholz verwendet, allerdings nur solches von sogenannten Ancient Kauris, also teilweise sogar mehrere tausend Jahre alte Kauris, die in Sumpfgebieten konserviert sind und von dort muehsam geborgen werden. Ein beeindruckendes Beispiel ist im Ancient Kauri Kingdom, einer Fabrik, die alles moegliche aus diesen alten Kauribaeumen herstellt, zu finden: ein Kauri, in den eine komplette (begehbare) Treppe geschnitzt ist.
Die naechste Station auf dem Weg zum Cape Reinga war der Ninety Mile Beach, ein sehr langer, einsamer und stuermischer Strand an der Westkueste (Tasmansee) des noerdlichsten Zipfels der Nordinsel, der Aupouri Halbinsel, an dessen Rueckseite sich ein grosses Waldreservat befindet. Er ist keine 90 Meilen lang, wie der Name vermuten liesse, sondern nur etwa die Haelfte. Der Name ruehrt daher, dass die europaeischen Entdecker dieses Strandes mit Pferden unterwegs waren, ihre Geschwindigkeit auf etwa 30 Meilen pro Tag schaetzten und drei Tage unterwegs waren. Tatsaechlich schafften sie allerdings weniger als 30 Meilen am Tag, weshalb der Strand nicht so lang ist, wie von ihnen errechnet.
Nach einiger Zeit gelangt man zum Te Paki Stream, einem Strom, der vom Landesinnern ueber den Strand zum Meer fuehrt. Folgt man diesem Strom ein kleines Stueck Flussaufwaerts, befindet man sich mitten in einer Duenenlandschaft, die sehr an eine Wueste erinnert. Ein grosser Spass ist es, die 20-30m hohen Duenen mit einem Bord unter dem Bauch hinunterzurodeln, wenn auch der Aufstieg recht beschwerlich ist, zumal sich einige Ungluecksraben am oberen Ende und ihr Bord durch einen Windstoss ans untere Ende der Duene geweht fanden.
Nachdem sich also jeder sein natuerliches Gesichtspeeling abgeholt hatte, ging es schliesslich zum Cape Reinga mit seinem kleinem Leuchtturm.
Das Cape hat, wie die gesamte Nordspitze, eine grosse spirituelle Bedeutung fuer die Maori: Der Ueberlieferung nach wandern die Seelen der Verstorbenen nach Norden, wo sie beim heiligen Pohutukawa-Baum (ein tatsaechlich am Cape existierender Baum) am Te Rerenga Wairua (der Maori-Name fuer Cape Reinga) in die Unterwelt (Reinga) steigen, in dem sie an einer Wurzel entlangrutschen, um dann ins Meer zu fallen. Nochmals verlassen sie das Meer, um die hoechsten Spitze von Three Kings Islands, einer Gruppe kleiner Inseln ca. 50km nordwestlich des Capes, zu besteigen und so einen letzten Blick auf Aotearoa (Land der langen weissen Wolke = Neusseland) zu werfen, bevor sie endgueltig in das Land ihrer Vorfahren weiterwandern, nach Hawaiiki A Nui.

Untergebracht war ich waehrend meiner Zeit in Paihia in einem grossartigen und dabei gar nicht so teuren Backpacker-Hostel namens Saltwater Lodge Backpackers. Es liegt nur 20m vom Strand entfernt, ist sehr sauber, Bad auf den Zimmern, die ungewoehnlich grosszuegig sind, die Leute an der Rezeption aeusserst hilfsbereit und freundlich, alles in allem sehr zu empfehlen. Mit auf meinem Zimmer waren drei Backpackerinnen aus Hong-Kong, die eine Unmenge an Klamotten, Lebensmitteln und allem moeglichen anderen ueber den Raum verteilt hatten. Sie waren allerdings sehr nett und eine von ihnen gab mir schliesslich den Tipp, mich doch bei HelpX anzumelden, was ich dann auch prompt gemacht habe, um mich auf die Suche nach einem ersten Host zu machen.
Nach einigen Telefonaten hatte sich dieser auch schnell gefunden. Dafuer musste ich allerdings erstmal von Paihia nach Whangarei.

Whangarei ist das Zentrum Northlands (des noerdlichsten Teils der Nordinsel). Das Town Basin (der Yachthafen der Stadt) ist mit seinen viktorianischen Haeusern aus der Kolonialzeit, in denen Cafes, Museen etc. beherbergt sind, ein gemuetlicher Fleck. Von dort aus gelangt man auch zu einem schoenen Wanderweg, der einen ueber den Mount Parihaka, durch den A.H. Reed Memorial Park (einem weiteren Kauriwald), am Hatea River entlang zu den Whangarei Falls fuehrt.
Die Nacht verbrachte ich in einem sehr familiaeren Backpacker-Hostel, gefuehrt von einem Herrn, der (nicht nur mich) sehr an Ian McKellen (Gandalf) erinnerte. Ebenfalls dort untergebracht waren mindestens zehn Deutsche (wie gesagt: man findet sie an jeder Ecke), zwei Italiener und ein Neuseelaender (er war ueber die Tatsache, eine Minderheit im eigenen Land darzustellen, nicht besonders gluecklich :-)).
Am naechsten Tag wurde ich dann vom HelpX Host abgeholt, einer sehr netten Dame, die an einer Boys Highschool unterrichet und in dieser Zeit des Jahres wohl besonders beschaeftigt ist und daher ein wenig Hilfe im Haushalt gut gebrauchen kann. So erledigte ich dann alles moegliche wie Staubsaugen, Geschirrspuelen, Rasenmaehen, Unkrautjaeten, einen bestimmt 100qm grossen, voellig chaotischen Schuppen aufraeumen und natuerlich auf die drei Hunde, drei Katzen und die Huehner aufpassen. Das Haus ist wunderschoen in der Urquharts Bay (Whangarei Heads) und mit fantastischem Blick auf diese gelegen, keine 50m vom Wasser entfernt. Auf der anderen Seite erstrecken sich die der Region Whangarei Heads ihren Namen gebenden Huegel.
Neben der Arbeit mangelte es aber auch nicht an Freizeit: Ein sehr schoener Weg fuehrt vom Ocean Beach ueber einen Huegelkamm zur Smuggler's Bay, die nicht weit von der Urquharts Bay gelegen ist. Ocean Beach selbst ist ein sehr schoener, langer, weisser Pazifik-Strand, umgeben von Klippen, Duenen, gruenen Huegeln und Wald. Von dort aus fuehrt es einen ueber einen Huegel mit wunderbaren Blicken auf die Kueste in den Wald, der den ganzen Hoehenzug bedeckt. Immer wieder hat man wunderbaren Blicke auf das Meer, die darin liegenden Inseln und die Kueste. Ebenfalls auf dem Weg liegt eine britische Radarstation aus dem 2. Weltkrieg. Nach einer Weile gelangt man zur Peach Cove, einer weiteren, netten, kleinen Bucht, die man ueber ca. 800 Stufen, die man danach auch wieder rauf darf, erreicht. Auf dem letzten Teilstueck erreicht man dann Mount Lion, den hoechsten Huegel der Kette, bevor man sich an den Abstieg zur Smuggler's Bay macht. Diese Bucht diente eine zeitlang tatsaechlich dem Schmuggel, hauptsaechlich von Alkohol, da sie weitab von jeglichem Einfluss der Staatsgewalt lag. Heute befindet sich dort allerdings ein netter, kleiner, friedlicher Strand eingerahmt von den hoeheren, bewaldeten Huegeln und niedrigeren, sehr ans Auenland erinnernden, auf denen gemuetlich einige Kuehe grasen.
Ein anderer netter Walk fuehrt vom Haus das Ufer entlang, ueber einen Huegel, vorbei an einer Artilleriestellung aus dem WWII, und mit einem Abstecher zum Busby Head zur Smuggler's Bay und an besagten Kuehen vorbei zurueck nach Hause.
Auch der Aufenthalt selbst war sehr schoen, die Dame hat mich mit leckerem Essen, selbstgebackenen Cookies, Getraenken (Tee, Kaffee, Wein, Bier) versorgt, man kann sich sehr nett mit ihr unterhalten und sie gibt einem genug freie Zeit und gute Tipps, um die Gegend zu erkunden. Ueberhaupt versucht sie alles, um einem den Aufenthalt so angenehm wie moeglich zu machen.

Da sie eine andere HelpXerin aus Daenemark erwartete, wechselte ich nach etwa einer Woche zu Freunden von ihr, die auch bei HelpX gelistet sind: Keith und Susan, einem sehr netten aelteren Ehepaar. Keith kommt urspruenglich aus Chester, England (dem gleichen Ort wie Daniel Craig), wollte Astronaut werden und hat daher Physik in Manchester studiert. Nach dem Studium wurde es dann allerdings nichts mit der Astronautenkarriere, stattdessen arbeitete er an vielen unterschiedlichen Projekten. U.a. an der Entwicklung von Atomraketen und Kampfjets, aber auch eines Kraftwerks, dessen Wirkungsgrad mehr als doppelt so hoch wie der eines herkoemmlichen Kraftwerks sein sollte, auf der Basis eines Gases, das durch ein elektromagnetisches Feld leitfaehig gemacht wird. Ausserdem arbeitete er an der Parabolantenne in Manchester, hinter der sich eine interessante Geschichte befindet: Die Kosten fuer den Bau der Antenne waren mehr als doppelt so hoch wie urspruenglich gedacht (kennt man ja). Der Direktor der Universitaet, der den Bau gegen viele Widerstaende in Auftrag gegeben hatte sollte daher entlassen werde. Wie sich allerdings herausstellte war die gerade fertiggestellte Antenne die einzige, die die Signale des Satelliten Sputnik empfangen konnte, so dass Manchester weltweite Beachtung auf diesem Gebiet fand, weshalb man sich entschied, den Direktor, anstatt ihn zu entlassen, zum Ritter zu schlagen. Spaeter gelangte Keith dann zu einem Unternehmen, fuer das er in einem Troubleshooting-Team verschiedene technische Probleme auf der ganzen Welt loesen musste. U.a im kommunistischen Bulgarien, in welches er mit radioaktiven Tracern im Gepaeck eingereist ist und so fuer jede Menge Aufsehen sorgte. 1973 kam er dann mit seiner Familie nach Neuseeland und arbeitete seitdem als Lehrer an der Polytech.
Susan, seine jetzige, zweite Ehefrau, ist eine echte Neuseelaenderin und hat auch schon alles moegliche gemacht: Sekretaerin, Englischlehrerin, Motelbesitzerin, Pferdezuechterin in Kentucky, Verkaeuferin in einer Apotheke usw. Im Moment kuemmert sie sich ehrenamtlich um eine Art Selbsthilfegruppe fuer Leute mit psychischen Problemen. Sie hat 10 (!) Geschwister, davon 3 (!) Zwillingspaare.
Keith und Susan sind sehr glaeubig und beschaeftigen sich viel mit theologischen Fragen, Bibelanalyse etc., engagieren sich bei der Salvation Army und machen Bibelstunden in Schulen. Obwohl oder vielleicht auch gerade weil sie sehr konsequent in ihrem Glauben sind, sind sie dabei in keiner Weise engstirnig oder verbohrt, sondern koennen auch ueber Religion und Filme wie "Life of Brian" o.ae. lachen und akzeptieren jede andere Weltanschauung, wenn sie auch nicht mit ihr uebereinstimmen. Es ist wirklich sehr interessant, sich mit ihnen darueber (und vieles andere) zu unterhalten und mit ihnen zu diskutieren.
Auch bei ihnen fuehle ich mich sehr wohl, Keith ist wirklich ein netter Kerl, gutmuetig, lebensfroh, manchmal ein albernes Spielkind, definitiv ein zerstreuter Professor, der recht vergesslich ist und sich nur schwer Namen, dafuer aber ueber 700 Formeln merken kann. Er erzaehlt viele interessante und witzige Stories und abends gucken wir uns meistens einen Film zusammen an. Es ist wirklich, als waere ich Teil der Familie, ich werde mehr als gut versorgt und Susan achtet sehr darauf, dass ich mich nicht ueberarbeite :-).
Das Haus, das Keith selbst gebaut hat, liegt mitten in der Natur auf Mount Tiger (diese Erhebung ist angeblich nach einem Hund namens Tiger benannt, der hier oben mit seinen Besitzern lebte) mit wunderbaren Blick ins Tal. Wie viele andere Haeuser in Neuseeland ist es nicht an die staedtische Wasserversorgung angeschlossen, sondern verfuegt ueber einen grossen (24000l) Regenwassertank, ueber den das Haus mit verschiedenen Pumpsystemen mit Wasser versorgt wird. Trinken kann man daher nicht direkt aus dem Wasserhahn, sondern muss das Wasser vorher abkochen. Das Grundstueck ist riesig mit grossen Rasen- und Waldflaechen, weshalb die Arbeit hier vor allem aus Rasenmaehen, Unkrautjaeten (bisher fuenf Schubkarren voll) und Holz hacken, saegen, schleppen, stapeln usw. besteht.
Momentan sind die beiden auch jeden Morgen und Abend auf einer nahegelegenen Schaffarm, um der schon etwas aelteren Besitzerin waehrend der Abwesenheit ihrer Kinder zu helfen, so dass ich auch schon einiges an Farmleben mitbekommen habe.
Auch hier habe ich einige Ausfluege gemacht, z.B. zu den Ngawha (sprich: Naafa) Springs, natuerlichen heissen Quellen, die viele gesunde Mineralien enthalten und beim Bau von Zinnober- und Quecksilberminen zufaellig entdeckt wurden. Wenn man sich erstmal an den Geruch gewoehnt hat, ist es wunderbar entspannend, sich einfach in einen der Pools zu legen und das heisse Bad zu geniessen.
Eine weitere Tour war die Wanderung auf den Mount Manaia, eine der hoechsten Erhebungen in Whangarei Heads, mit wunderbaren Rundumblicken auf die gesamte Halbinsel, den Ozean, die Inseln und den Whangarei Harbour.

Ich koennte wahrscheinlich noch ewig weiter schreiben, man erlebt, sieht, lernt hier wirklich jeden Tag etwas neues, aber das muss jetzt erstmal genuegen.
Nun, da ich ein Auto habe, werde ich wahrscheinlich in den naechsten Tagen weiterreisen und mir nach einiger Zeit vielleicht wieder einen HelpX Host suchen. Wenn ich dann wieder Internet, Zeit und Musse habe, werde ich weiter Bericht erstatten. Ich hoffe, euch allen geht es gut, ich bin natuerlich auch neugierig, was ihr alle so macht, wie gesagt: Schreibt einfach einfach eine Mail oder WhatsApp-Nachricht, ich versuche, zurueckzuschreiben. Bis dahin euch allen alles erdenklich Gute, macht's gut und bis demnaechst vom anderen Ende der Welt...

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Merry X-mas
Hi Chris, es war wirklich schön, mal wieder mit Dir...
Jens Uwe 1 - 25. Dez, 13:47
Weihnachtsgrüße aus Down...
Merry Christmas from Aotearoa! Allen ein wunderschönes,...
Ulfie - 24. Dez, 16:00
Wuff di Wuff. Das ist...
Wuff di Wuff. Das ist doch mal ein geiler Bericht -...
Megi-Rudel - 12. Nov, 00:06
Reaktion aus der Heimat
Hi Chris, vielen Dank für Deine "ersten Eindrücke",...
Jens Uwe 1 - 11. Nov, 01:32
Erster Zwischenbericht...
Hi everybody, an dieser Stelle werde ich ab demnaechst...
Ulfie - 10. Nov, 12:40

Links

Suche

 

Status

Online seit 3837 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 25. Dez, 13:47

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren